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Omas beschwerliches Leben

Brigitte Richter

Meine liebe Oma, sie ist schon seit 1977 tot, hat mir sehr oft von früher erzählt; aus ihrem beschwerlichen Leben. Ich habe seinerzeit "die Ohren gespitzt", damit mir nichts entgeht, was sie zu berichten hatte.

Oma Hulda hatte viele Geschwister, war das älteste Mädchen in der Familie. Der Bruder, der vor ihr geboren wurde, mußte mit dem Vater auf dem Feld und im Stall arbeiten, im Wald Brennholz machen und sollte später die Landwirtschaft der Eltern weiter führen. So war das damals.

Meine Oma ging ihrer Mutter zur Hand. Sie mußte Hausarbeiten machen, kochen, waschen, bügeln usw. Und, sie mußte auf die jüngeren Geschwister aufpassen, die nach ihr immer zahlreicher wurden. Ich glaube, 9 Kinder waren es damals in dieser Familie.

Einmal, das erzählte meine Oma, mußte sie ihre Zwillingsbrüder, die ein Jahr alt waren, mit einem Handwagen auf die Wiese bringen, die weit ab vom Dorf war. Die Mutter hat die Kinder noch regelmäßig gestillt, und das sollte auch an diesem Nachmittag so sein. Oma war 10 Jahre alt, also auch noch ein verspieltes Kind. Sie kam mit den Zwillingen an einem Bach vorbei. Das plätschernde Wasser lockte sie an. Sie stellte den Handwagen mit den 2 Kindern einfach am Weg ab und kletterte zum Bach hinunter. Barfuß stapfte sie im Wasser herum, versuchte mit ihren kleinen Händen eine Forelle zu fangen; was natürlich nicht gelang.
Indessen wurde es den Knirpsen im Handwagen langweilig. Sie konnten noch nicht laufen, krabbelten aber aus dem Gefährt heraus und landeten in einer Pfütze, im Matsch. Klar waren sie dann dreckig, brüllten wie am Spieß und ihre große Schwester bekam, als sie dann auf der Wiese bei ihrer Mutter war, eine saftige Ohrfeige.

Heimwärts ging es ziemlich steil berauf. Oma Hulda mußte den Handwagen mit den Zwillingen ziehen. Sie war selbst nicht sehr kräftig, aber das hat damals niemand so richtig interessiert. Alles mußte funktionieren.

Da gab es in ihrer Kinderzeit mal einen strengen Winter, erzählte sie mir, wo so viel Schnee fiel, dass die Leute im Dorf Gänge von einem Haus zum anderen graben mussten. Fernseher, oder Radios kannte niemand. Die Männer gingen abends ins Wirtshaus und die Frauen saßen am Spinnrad und spannen Wolle, um daraus Strümpfe zu stricken. Eine Verkaufsstelle gab es in kleinen Dörfern auch nicht, wo man hätte Lebensmittel kaufen können. Alles, was die Familien zum Essen brauchten, hatten sie im Haus. Es wurde noch selber Brot gebacken, Butter gestampft, die Kartoffeln lagen im Keller und die Milch, die hatte man direkt von der Kuh. Die Hühner im Stall legten die Eier, es fehlte an nichts. Das Gemüse und das Obst vom Herbst waren gut eingelagert oder eingekocht, denn Gefrierschränke, selbst das Wort, kannte damals noch niemand.

Im Winter trafen sich die Frauen aus dem Dorf auch zum Federn schleißen. Alle Bauern hatten Gänse. Die wurden im Herbst geschlachtet. Die Federn der Gänse wurden getrocknet um Bettdecken und Kissen damit zu füllen.
Das Ferdernschleißen war immer ein richtiges Fest. Die Frauen im Haus buken sehr gute Torten. Um Mitternacht gab es Bohnenkaffe und alle ließen es sich nach getaner Arbeit gut schmecken. Inzwischen waren auch die Männer vom Wirtshaus wieder daheim und tranken mit den fleißigen Federnschleißerinnen Kaffee.

Die Männer waren auch manchmal ein bisschen beschwipst. Da kam ihnen so mancher Schabernack in den Sinn. Mein Opa steckte mal unter den großen Haufen Federn, der auf dem Tisch zum verarbeiten bereit lag, eine Aufziehmaus. Niemand bekam das mit. Plötzlich stoben die Federn auseinander und die Maus rannte unter dem Haufen hervor. Die Frauen quiekten, warfen ihre Stühle um und rannten vom Tisch weg, weil sie Angst vor Mäusen hatten. Opa freute sich diebisch, aber seine Hulda hat dann ein paar Tage kein Wort mehr mit ihm geredet, weil sie die ganzen Federn wieder aufsammeln mußte.

Oma Hulda konnte so viel von früher erzählen, was mich als Kind absolut interessiert hat. Besonders spannend wurde es, wenn die Nachbars Dora noch dazu kam. Die beiden alten Frauen, auch Dora war schon über 80 Jahre alt, hatte der Aberglaube fest im Griff. Eine schwarze Katze, die über den Weg lief, bedeutete nix Gutes; oder unter einer Leiter hindurch gehen, nein, das durfte man niemals tun. In den 12 Nächten, also vom 24. Dezember bis zum 6. Januar sollte sich keine Hausfrau erlauben, Wäsche zu waschen. Auch das bedeutete Unglück. Und was in diesen Nächten geträumt wurde, das sollte in dem Monat eine Bedeutung haben, wann man es geträumt hat. Hat man am 26. Dezember geträumt, dass der Blitz irgendwo einschlägt, dann sollte das Gewitter im März kommen, was ja eigentlich eher unwahrscheinlich war, dass es in diesem Monat Gewitter gibt.

Wir wissen heute, dass das Quatsch ist, aber die alten Menschen glaubten daran.
Als mein Vater 1960 als Zweiter im Dorf einen Fernseher kaufte, ging die Oma lange Zeit nicht mehr ins Wohnzimmer. Sie sagte, das sei Teufelszeug, dass sich in dem Fernseher die Menschen bewegen.

Ja ja, das Leben früher und besonders auf dem Dorf, war beschwerlich, aber auch sehr schön. Die Menschen hielten zusammen, sie waren ja auch aufeinander angewiesen; sie erzählten sich am Abend Geschichten, sangen Lieder und gaben das an ihre Enkel weiter, was sie von ihren Großeltern erfahren haben.

Was würde meine Oma Hulda sagen, wenn sie heute sehen könnte, dass Kinder ein Handy haben, und damit die Schulkameraden anrufen, mit denen sie eben noch im Schulbus saßen, oder das die Ur-Urenkel einen Film im Fernseher oder Computer anschauen, auf dem sie selbst zu sehen sind?

Und eure Vision, wie sieht die aus? Vielleicht gibt es einmal Autos, die man nur noch ansprechen muss, und sie fahren da hin, wo man sich das Ziel ausgedacht hat….., oder die Waschmaschine beginnt zu waschen, wenn man sie mit dem Handy auffordert. Oder……., die Menschen haben die Erde so zerstört und ausgebeutet, dass sie in Flüssen, auf Feldern oder in Wäldern nach etwas Essbarem suchen….