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Erfahrungsleiter

Von Brigitte Richter


Verzweigt, wie die Äste vom alten Baum,
ist die Liebe, ist das Leben.
Als junger Mensch, einen Lebenstraum,
bald gespürt: fast nichts ist eben.


Kurvenreich, mit Steinen bestückt,
geht's auf dem Weg mal rauf, mal runter.
Vom Lebenstraum oft abgerückt,
nicht schwarz nicht weiß, nein immer bunter


erklimm ich die Erfahrungsleiter.
Nehme manche Sprosse mit vielen Tränen,
doch es geht weiter, weiter, weiter.
Die Sprossen sind oft nicht zu zählen.

Eines Tages, hoffentlich noch fern,
steh auf der Erfahrungsleiter ich ganz oben,
sehe all die Farben meines Lebens gern,
muss das Schicksal für die Vielfalt loben.


Hab Schlimmes erlebt, doch auch gelacht,
begriffen, des Lebens eigentlichen Sinn.
Früher laut, heut eher sacht,
zu fühlen, wozu ich geboren bin:


Zu wachsen, an Trauer und am Glück,
gelernt zu kämpfen und auch zu verzeihn.
Nicht aufzugeben, und Stück für Stück,
am Ende der Leiter ein Meister zu sein.



Ich stehe schon sehr weit oben, auf meiner Erfahrungsleiter. Ob ich jemals ein Meister sein werde, das kann ich selbst nicht einschätzen, aber das Leben hat mich gelehrt, dass alles einen tieferen Sinn hat, was uns in den Daseinsjahren auf dieser Erde so widerfährt. Und manchmal empfinden wir es als ungerecht, wenn uns Krankheit heimsucht oder Schicksalsschläge uns die Lebensqualität vorübergehend nehmen.
Auch mir ging es so und es wird auch noch Situationen geben, wo ich mit meinem Schicksal hadere. Meine Kindheit war….. normal. Auf einem Bauernhof bin ich groß geworden. Lebte eigentlich unbeschwert und glücklich - im Nachhinein betrachtet. Als Teenager war ich oft verknallt. Mal in den und mal in den Jungen… Wie das halt so ist. Doch schon sehr zeitig traf ich meinen späteren Mann. Ich war grad mal 16 als mich die große Liebe überfiel…. Mit 17 die erste Schwangerschaft, mit 18 geheiratet. Das erste Kind kam zu früh zur Welt und war nicht lebensfähig. Heut wäre das anders, aber vor fast 45 Jahren…. Vielleicht war das schon ein Fingerzeig, dass unsere junge Ehe keinen Bestand haben wird - ich weiß es nicht.
Zwei weitere Kinder folgten, die mich sehr glücklich machten. Mich ja, ob es mein Mann auch so empfand, wage ich heute zu bezweifeln. Er jagte seiner verlorenen Jugend nach, hatte Verhältnisse, betrog mich und ich verzieh ihm immer wieder. Einmal da wollte ich wirklich die Scheidung. Die Kinder spürten, dass da etwas im Busch ist bei uns. Meine 5 jährige Tochter fuhr mit dem Fahrrad ins Nachbardorf, wo die Mutter meines Mannes wohnte und bat die Oma um Hilfe. Die Kinder wollten beide Eltern haben. Das ist ja auch verständlich. Meine Schwiegermutter interessierte das aber nicht allzu sehr, ob ihr jüngster Sohn treu ist, oder nicht. Obwohl erzkatholisch, legte sie das Gebot der ehelichen Treue bei ihren eigenen Kindern nicht so auf die Goldwaage.
36 lange Ehejahre ertrug ich das oftmals exzentrische Verhalten meines Mannes, bis er mir eines Tages sagte: "Ich empfinde keine Liebe mehr für dich!" Oh Gott, das war hart! Ich liebte ihn, trotz seines sehr schwierigen Charakters. Und wenn ich ehrlich zu mir selber bin, liebe ich ihn heute immer noch. Nur mit ihm zusammen leben könnte ich nie wieder. Zu viel an Lebensqualität hat er mir genommen. Nein, geschlagen hat er mich nie. Aber nach dem Motto: "Ad Verba ad Arma vulnerant" verletzte er mich mit Worten mehr, als es Fäuste hätten tun können.
Und dann dieser Satz: "Ich empfinde keine Liebe mehr für dich!" Das war das Schlimmste, was er mir je gesagt hat. Der Grund dafür war seine Klassenkameradin, mit der er zu fast jedem Klassentreffen sehr intim war. Vielleicht zwischendurch auch - ich weiß es nicht. Als ich erfuhr, wer es ist, die nun seine Liebe erobert hat, kamen mir starke Bedenken, dass es auch von ihrer Seite die große Liebe ist, zumal er mir wenige Monate vorher sagte: "Ich liebe nur dich! Du bist der wertvollste Mensch in meinem Leben!"
"Worte sind geduldig", sagte meine Oma immer. Bald sollte auch mein Noch-Ex-Mann spüren, dass meine "Hellsicht" den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Seine Neue war in ihrer Ehe unglücklich, hatte sogar einen Suizidversuch hinter sich, und brauchte einen Handwerker, der ihr ein gemütliches Nest in der alten Heimat schafft und ein sorgloses Leben ermöglichen sollte. Und da war mein Mann grade gut genug. Zu jedem Klassentreffen nahm er Fotos mit, was er an unserem Haus alles modernisiert und gemütlich gestaltet hat. Ein Handwerker mit "goldenen Händen" ist er auf jeden Fall.
Das machte sich die Großstadtdame zunutze und schnappte mir meinen Mann weg. Heute sage ich: "Es war gut so!" Als wir noch zusammen waren, lag ich mehrmals im Jahr im Krankenhaus. Die ewigen Streitereien zwischen uns verkraftete mein Darm nicht. Eine Colitis war die Folge der ewigen psychischen Belastungen.
Seit er weg ist, ausgezogen aus unserem Haus, geht es mir gesundheitlich gut. Im Krankenhaus war ich nur noch ein Mal, und zwar, als er seine "Lebensgefährtin, so nannte er sie gleich zu Beginn unserer Trennung, mit in unser Haus gebracht und mit ihr in der Ferienwohnung übernachtet hat.
Was für einen Charakter muss diese Frau haben, dass sie sich wagte, unter dem gleichen Dach mit meinem Mann zu schlafen, wo auch ich wohne und damals noch meine Mutter. Es ist mein Elternhaus! Leider machten meine Eltern den Fehler, meinen Mann mit ins Grundbuch eintragen zu lassen, weil sie glaubten, einen sehr guten Schwiegersohn zu haben. Erst nachdem er Mitbesitzer war, entpuppte er sich wirklich. Da begann seine Streitsucht mit den Nachbarn und mit meinen Eltern vor allem.
Das Leben mit ihm hat mir gezeigt, dass jeder Taler immer zwei Seiten hat. Als er ging, räumte er das Haus fast leer. Ich hatte, als er weg war, kaum noch einen Nagel, einen Hammer oder ein paar Schrauben… "Von allem die Hälfte", so klingen mir seine bösen Worte noch im Ohr. Er beanspruchte die Hälfte von Wald, Feld und Wiesen…. Aber das alles sind nur materielle Dinge, die man wieder kaufen kann. Die landwirtschaftlichen Flächen stehen ihm rechtlich zu, moralisch niemals… Dass ich ihn nicht auszahlen konnte, machte er sich eben so zunutze dass er mit meinem Erbe ging…


Die Gewissheit, dass der Mann, den ich liebe, mit einer anderen Frau ins Bett geht, das mit ihr tut, was er mit mir in zärtlichen Stunden getan hat, ließ mich täglich viele Tränen vergießen. Ich war gezwungen mein Leben neu zu regeln. Und ich habe es geschafft!

Vier Mal kam er und fragte, ob er wieder heim kommen darf. Vier Mal habe ich gesagt: "Dann packe deine Sachen zusammen und bring alles wieder her. Wir werden uns schon wieder aneinander gewöhnen." Verziehen hatte ich ihm schon lange. Meine Kinder können das nicht verstehen, aber ich entschuldigte sein Verhalten immer damit, dass er ja auch erst 19 war, als wir heirateten. Ist das eine Entschuldigung? Heute denke ich anders darüber.

Ich glaubte damals, als er wegging, dass ich ohne ihn das Haus nicht erhalten kann, dass ich ohne ihn nicht leben kann. Aber Gott, so sagt man, legt den Menschen nur so viel Last auf, wie sie tragen können… Ich habe sie getragen, diese Last, und werde sie auch weiterhin schleppen, bis sich das Blatt mal wendet.

Ich bin relativ zufrieden geworden; mein Mann hingegen ist unglücklich. Er hat seine Familie verloren und hat eine Frau an der Backe, die ihn nicht liebt, die berechnend und garstig mit ihm umgeht. Wenn ich das von Anderen erzählt bekomme, dann tut er mir leid!

Auf Zärtlichkeiten musste ich jedoch nicht verzichten, als mein Ex weg war. Ein alter Freund fand den Weg zu mir und tröstete mich. Auch er hatte große Probleme in seiner Ehe. Heute weiß ich aber, dass auch das noch nicht der Partner sein kann, mit dem ich alt werden möchte. Ich selbst denke, dass es kein Glück bringen kann und darf, eine Ehe auseinander zu bringen, nur um selber besser leben zu können.
Und wie sagt eine alte Lebensweisheit: "Die Geliebte von heute wird die betrogene Ehefrau von morgen sein!" Oder: "Die Katze lässt das mausen nicht!" Wer eine solche Veranlagung in sich trägt, lebt den tierischen Trieb aus, solange die Möglichkeit besteht, sich fortpflanzen zu können.


Wir stehen alle eines Tages auf der letzten Stufe unseres Lebens und überschreiten diese mit mehr oder weniger Schuld beladen. Ich will eines hoffentlich fernen Tages mit Leichtigkeit darüber gehen dürfen!